DAS PHONETIK-BLOG [foˈneːtɪkˌblɔk]
Montag, 21. Januar 2013
Vaillant [Fester Link zum Beitrag]
Für Firmen ist es immer eine Herausforderung, ihren Namen – ob Kunstwort oder auf einem Personennamen basierend – phonetisch in verschiedene Sprachen zu transportieren. Als Beispiel habe ich gerade mal versucht, mithilfe von auf YouTube hochgeladenen Werbespots nachzuvollziehen, wie ›Vaillant‹ seinen Markennamen in verschiedenen Ländern gerne ausgesprochen hätte. In dem Land, aus dem der Name wohl ursprünglich kam, lautet er ohne Zweifel [vaˈjɑ̃] (was praktischerweise auch noch ein Wort ist, das ›tapfer‹ bedeutet). In Großbritannien ist [ˈveɪ̯lənt] die Lautung der Wahl, was nur noch vage an das englische Äquivalent des französischen Wortes, also ›valiant‹, erinnert. Niederländer und niederländischsprachige Belgier bekommen [vaˈjɑnt] zu hören. Und in Deutschland, woher die Marke stammt, spricht man den Namen nicht anders aus als das Adverb ›weiland‹, also [ˈvaɪ̯lant]. Letztere Lautung ist auch der Ausgangspunkt für mehrere andere Sprachen, darunter Dänisch und Italiä– äh, Italienisch, in denen die deutsche Aussprache im Rahmen der örtlichen phonetischen Möglichkeiten nachzuahmen versucht wird. Auch Spanisch liegt mit [ˈbai̯lant] (oder [bai̯ˈlant], da können sie sich anscheinend nicht so ganz entscheiden) nah an der deutschen Lautung. Ein interessanter Fall ist schließlich China, von wo ich keine Audiobelege habe; allerdings zeigt die Website, wie der Firmenname ins chinesische Zeichensystem übernommen wurde: als 威能 (wēinéng), sprich [˥ weɪ̯ ˧˥ nəŋ]. Die Bedeutung: ›Kraft, Macht‹ für das erste und ›fähig sein‹ für das zweite Zeichen.
Donnerstag, 28. Juni 2012
Gli azzurri [Fester Link zum Beitrag]
Der nächste Gegner der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-EM ist das italienische Team. Hier sind die Namen der Mitglieder der squadra inklusive Aussprache:
Donnerstag, 21. Juni 2012
Die griechische Nationalmannschaft [Fester Link zum Beitrag]
Am morgigen Freitag spielt die deutsche Fußballnationalmannschaft – siehe letzter Eintrag – gegen die griechische. In deren Kader befinden sich folgende Spieler:
Mittwoch, 13. Juni 2012
Die deutsche Elf [Fester Link zum Beitrag]
Und hier, um das Personal für das heutige EM-Spiel zu komplettieren, die Aussprache der Namen der 23 Spieler, die für die deutsche Nationalmannschaft auflaufen könnten:*
* And as this article might be most interesting for non-German readers: This is a comprehensive list of the standard German pronunciation of the names of members of the German national football team that were called up for the European Championship and may play in the match between the Dutch and German national teams today. Dienstag, 12. Juni 2012
Het Nederlandse elftal [Fester Link zum Beitrag]
Aus Anlass der Fußball-Europameisterschaft (und des morgigen Spiels gegen die Deutschen) hier die Aussprache der Namen der 23 Spieler des niederländischen Teams:
Ich habe mich um eine phonetische Transkription bemüht, die eine erkennbar holländische Standardlautung wiedergibt, und bewusst in Kauf genommen, dass Varietäten, in denen stimmhafte Konsonanten zahlreicher und diphthongierte Langvokale unüblich sind, unberücksichtigt bleiben – wenngleich einige Spieler aus diesen (südlichen) Regionen stammen. Verzichtet habe ich auf die Kennzeichnung von Assimilationen, die bei sorgfältiger Diktion nicht zwangsläufig vorkommen und insbesondere deutsche Sprecher wenig überraschen dürften – etwa in van Persie [fɑn ˈpɛɾsi] → [fɑm ˈpɛɾsi]. Sowohl die häufige Aussprache von /r/ als [ɹ] in der Silbenkoda, wie in Huntelaar [ˈɦɵntəlaːɾ] → [ˈɦɵntəlaːɹ], als auch das optionale Wegfallen von silbenfinalem [n] nach Schwa, wie in Mathijsen [mɑˈtɛɪ̯sən] → [mɑˈtɛɪ̯sə], habe ich aufgrund der Variabilität ihrer Realisierung – in Abhängigkeit von unter anderem Sprechtempo, Emphase und anderen Faktoren – außer Acht gelassen. Freitag, 27. Januar 2012
Wörter-[buːx] XX [Fester Link zum Beitrag]
Montag, 16. Januar 2012
[ɡəˈzuːxt] und gefunden: B [Fester Link zum Beitrag]
Hier kommt der zweite Teil der noch jungen Serie. Auch diesen Artikel plane ich im Laufe der Zeit immer wieder mit neuen Begriffen zu ergänzen:
Samstag, 17. Dezember 2011
Frohe Weihnachten … [Fester Link zum Beitrag]
… und ein gutes neues Jahr wünsche ich auch dieses Jahr allen Lesern des Phonetik-Blogs in zehn Sprachen – natürlich nicht denselben zehn wie letztes Jahr. Das wäre ja öd.
Auf Baskisch: Zorionak eta urte berri on! [s̻oˈɾionak ˌeta ˈuɾte ˈberi on] Auf Bulgarisch: Честита Коледа и щастлива Нова Година! [t͜ʃɛsˈtitɐ ˈkɔlɛdɐ i ʃtɐstˈlivɐ ˈnɔvɐ ɡoˈdinɐ] Auf Chinesisch: 圣诞快乐。新年快乐。 [˥˩ ʂɤŋ ˥˩ tan ˥˩ ku̯aɪ̯ ˥˩ lɤ | ˥ ɕin ˧˥ ni̯ɛn ˥˩ ku̯aɪ̯ ˥˩ lɤ] (Mandarin) Auf Dänisch: Glædelig jul og godt nytår! [ˌɡ̊lɛːðəli ˈjuːʔl ɔ ˌɡ̊ɔd̥ ˈnyd̥ɒːʔ] Auf Esperanto: Ĝojan Kristnaskon kaj feliĉan novan jaron! [ˌd͡ʒoi̯an ˌkɾistˈnaskɔn kai̯ feˈlit͡ʃan ˌnovan ˈjaɾon] Auf Griechisch: Καλά Χριστούγεννα και Καλή Χρονιά! [kaˌla xɾisˈtuʝɛna kɛ kaˌli xɾɔˈni̯a] Auf belgischem Niederländisch: Zalig kerstfeest en een gelukkig nieuwjaar! [ˌzaːləç ˈkɛʀ̥stfeːst ən ə ʝəˈlɵkəç ˌniu̯ˈjaːʀ̥] Auf Rumänisch: Crăciun fericit şi un An Nou fericit! [krəˈt͜ʃjun feriˈt͜ʃit ʃjun ˈan ˈnɔw feriˈt͜ʃit] Auf Russisch: С Новым Годом и Рождеством Христовым! [s ˈnovɨm ˈɡodəm i rəʐdʲɪˈstvom xrʲɪˈstovɨm] Auf Ungarisch: Kellemes Karácsonyt és Boldog Új Évet! [ˈkɛlːɛmɛʃ ˈkɒraːt͜ʃoɲt eːʒ ˈboldoɡ uːj ˈeːvɛt] Freitag, 25. November 2011
[ɡəˈzuːxt] und gefunden: A [Fester Link zum Beitrag]
Rubriken sind etwas Schönes, weil sie dem Autor Denkarbeit abnehmen und dem Leser eine meist als angenehm empfundene Erwartbarkeit bieten. Wer die Rubrik blöd findet, weiß, dass er gleich weiterklicken kann; wer sie mag, freut sich auf die nächste Folge.
Ab heute gibt es hier also diese neue Rubrik. Darin widme ich mich Begriffen, deren korrekte oder gängige Aussprache – ausweislich der Vorschlagslisten in Suchmaschinen – von vielen online herauszufinden versucht wird. Das dürfte eine bunte Mischung aus deutschen oder fremdsprachigen Wörtern und Eigennamen sein. Pro Folge nehme ich mir einen Anfangsbuchstaben vor. Um nicht demnächst mit dem Alphabet von vorne anfangen zu müssen, werde ich die Einträge gelegentlich aktualisieren. Vorschläge zu populären Zweifelsfällen, die von den Suchmaschinen nicht erfasst sind, nehme ich gerne entgegen.
Sonntag, 23. Oktober 2011
Wörter-[buːx] XIX [Fester Link zum Beitrag]
Anmerkung zu Gotye: Die hier angegebene Transkription bezieht sich – wie mit ›AuE‹ angedeutet – auf die Aussprache im australischen Standardenglisch. In dieser Varietät werden einige Laute, vornehmlich Vokale, anders gesprochen als etwa in der Received Pronunciation, dem britischen Standardenglisch. Schauen wir uns noch mal die oben stehende Umschrift von Gotyes Namen an: [ˈɡoːtiæɪ̯]. Zunächst fällt der Monophthong [oː] auf, der im britischen Englisch nicht vorkommt. Dort spricht man stattdessen das etwas offenere [ɔː]. Darüber hinaus wird das erste Element des australischen Diphthongs [æɪ̯] in der Received Pronunciation geschlossener artikuliert. Nicht nur in diesem Namen, sondern auch sonst stimmt die Aussprache der Konsonanten im Australischen mit der Lautung in anderen Varietäten des Englischen weitgehend überein. Im britischen Englisch spräche man den Sänger also [ˈɡɔːtieɪ̯]. Sowohl die britische als auch die australische Variante sind Anglisierungen der französischen Entsprechung von Gotyes niederländischem Vornamen ›Wouter‹ (dt. ›Walter‹ [ˈvaltɐ]): ›Gaut(h)ier‹ (oder ›Gaultier‹) spricht man in Frankreich [ɡoˈtje]. Freitag, 23. September 2011
Wörter-[buːx] XVIII: Kampfkünste-Spezial [Fester Link zum Beitrag]
Anmerkung zu Hapkido: Im Koreanischen gibt es drei verschiedene Arten von stimmlosen Plosiven, die in einigen Fällen sogar ihre Stimmlosigkeit verlieren. Einen solchen Fall haben wir hier vorliegen: Phonemisch ist der letzte in ›Hapkido‹ vorkommende Plosiv /t/. Das intervokalische Umfeld sorgt für die Realisierung [d]. /t/ gehört zu einer Reihe von unaspirierten Lenisplosiven, die – neben [p], [t] und [k] – auch mitunter [b̥], [d̥] und [ɡ̊] transkribiert werden. Die Revidierte Romanisierung des Koreanischen sieht hier, je nach Kontext, ›b/p‹, ›d/t‹ oder ›g/k‹ vor. Ferner gibt es eine Reihe von (am Silbenanfang) stark aspirierten Fortis-Plosiven: [pʰ], [tʰ] und [kʰ]; diese werden stets als ›p‹, ›t‹ und ›k‹ verschriftlicht, sind also in einigen Positionen von den unaspirierten Plosiven nicht zu unterscheiden. Die eigentliche Besonderheit des Koreanischen ist die dritte Serie von Plosiven, für deren korrekte Transkription es selbst kein geeignetes Diakritikum im Internationalen Phonetischen Alphabet gibt. Für diese Plosive wird der Druck hinter den gespannten, teilweise verengten Stimmlippen erhöht und der Kehlkopf gesenkt. Zur vorläufigen Transkription dient ein Diakritikum aus dem für Sprechstörungen erweiterten Inventar des IPA, das dort als ›kräftige Artikulation‹ (strong articulation) beschrieben wird. Man transkribiert in diesen Fällen also [p͈], [t͈] und [k͈]. Mittwoch, 24. August 2011
Wörter-[buːx] XVII [Fester Link zum Beitrag]
Anmerkung zu Baššār al-ʾAsad: Nachdem ich mich verschiedentlich kritisch zu den Eindeutschungsbemühungen der Redaktion der ARD-Aussprachedatenbank geäußert habe, ist heute ein Lob angebracht, finde ich – wobei ohnehin klar sein sollte, dass ich die Datenbank für eine sinnvolle Institution halte und bloß in Einzelfällen mit Aussprachefestlegungen bzw. deren konkreter Umsetzung durch Moderatoren und Sprecher nicht einverstanden bin. Nicht zuletzt der guten Recherche der Mitarbeiter der Aussprachedatenbank ist wohl zu verdanken, dass der Name des syrischen Präsidenten in vielen ARD-Sendungen, insbesondere der ›tagesschau‹ im Ersten, konsequent [ˈasat] ausgesprochen wird. Besser kann man das Arabische vermutlich nicht eindeutschen. Auf vielen anderen Kanälen im In- wie Ausland sind dagegen Lautungen zu hören, die fälschlicherweise von einer Betonung des Namens auf der letzten Silbe ausgehen, was eingedeutscht [aˈsat] ergäbe. Das klingt weder besser noch ist es einfacher auszusprechen als die Variante mit Initialbetonung. Man muss insofern davon ausgehen, dass es sich hierbei nicht um eine bewusst gewählte, sondern eine aus Unwissen entstandene Aussprache handelt, die in Funkhäusern ohne der Aussprachedatenbank ähnliche Einrichtung – wie man so schön sagt – fröhliche Urständ feiert. Anmerkung zu Muʿammar al-Qaḏḏāfī: Neben der Aussprache ist natürlich auch die Schreibweise arabischer Namen ein interessantes Thema, auf das ich hier zumindest kurz eingehen will. Die in Deutschland und Österreich gängigste Wiedergabe des Namens des libyschen Staatsoberhauptes ist ›Muammar (al-)Gaddafi‹, die in skandinavischen Sprachen häufig sowie im Englischen hier und da zu lesen ist. Dort konkurriert sie allerdings mit ›Moammar‹ als Transkription des Vornamens und ›Qaddafi‹ für den Nachnamen. Die Schweizer Medien favorisieren ›Muammar Ghadhafi‹ oder ›Gaddhafi‹. Im Französischen herrscht ›Mouammar Kadhafi‹ vor, ›Muamar el Gadafi‹ im Spanischen, ›Muammar Gheddafi‹ im Italienischen. In vielen Sprachen, die sich der lateinischen Schrift bedienen, scheint sich erst gar keine Präferenz gebildet zu haben, weshalb jede Zeitung eine andere Schreibweise verwendet. Die Umschrift, für die ich mich hier entschieden habe, ist die in der DIN-Norm 31635 wiedergegebene Transliteration, die auf einer älteren Empfehlung der Orientalistenvereinigung ›Deutsche Morgenländische Gesellschaft‹ basiert. Ihr größter Vorzug ist die Tatsache, dass jedem Buchstaben im arabischen Alphabet einer im lateinischen Alphabet entspricht, notfalls mit einem Diakritikum versehen. So geeignet dieses System für wissenschaftliche Zwecke ist, so unbrauchbar ist es für Zeitungen und andere Medien: Das Mehr an zusätzlicher Information, das es gegenüber einer nicht-reversiblen Transkription bietet, dürfte für den durchschnittlichen Leser oder Zuschauer ziemlich uninteressant sein. Dienstag, 26. Juli 2011
Wörter-[buːx] XVI [Fester Link zum Beitrag]
Anmerkung zu Tanguy Veys: Der Vorname des flämischen Politikers stammt aus dem Bretonischen, wo er ›Tangi‹ geschrieben wird. ›Tanguy‹ ist die französierte Orthografie, wozu die Aussprache [tɑ̃ˈɡi] gehört. Im belgischen Niederländisch verschiebt sich der Akzent auf die erste Silbe; die Nasalierung des Vokals wird durch ein epenthetisches [ŋ] ersetzt. Zu den phonetischen Details des Niederländischen in Belgien ließe sich ein eigener Artikel schreiben, weshalb ich mich darauf beschränke, die folgende Eigenheit anzumerken: Diphthonge – damit meine ich nicht die in den Niederlanden oft diphthongisch realisierten Langvokale – werden in belgischen Varietäten oft monophthongisiert (oder völlig anders gesprochen, aber auch das ist ein eigenes Kapitel). Dabei ist vor allem bei [ɛɪ̯] und [œʏ̯] häufig ein Laut zu hören, der eine gelängte Variante des ersten Elements des Diphthongs darstellt. Konkret würde der Name ›Veys‹ dann [vɛːs] gesprochen; ›huis‹ (›Haus‹) würde [ɦœːs] lauten. Im Fall von [ɔʊ̯], dem dritten Diphthong, schwanken die Realisierungen stärker, wobei unter anderem [ʌː] vorkommt, was eine Entrundung und Längung des ersten Diphthongteils bedeutet. Angesichts der Vielzahl und Verbreitung regionaler Varietäten in Belgien müssen solch allgemeine Aussagen allerdings mit Vorsicht genossen werden. Sonntag, 20. März 2011
Ein anderer Akzent [Fester Link zum Beitrag]
Aus bekannten Gründen sind in den letzten Tagen japanische Orts- und Personennamen in den Nachrichten außerordentlich präsent gewesen. Je größer der journalistische Druck, desto weniger Zeit ist verständlicherweise für phonetische und phonologische Feinheiten. Deren einige will ich an dieser Stelle zu verdeutlichen versuchen.
Wortbetonung wird im Japanischen nicht über einen Stärkeakzent realisiert, der in vielen mitteleuropäischen Sprachen binär ausgeprägt ist und geringe Auswirkungen auf die Satzintonation hat. Nicht die Silbe, sondern die More (oder: Mora) ist im Japanischen das grundlegende lautliche Konzept. In manchen Fällen – etwa in ›Nagasaki‹ mit vier Silben und vier Moren – deckt sich die Zählung; in vielen anderen Fällen führt die Aufteilung in Silben und Moren zu unterschiedlichen Resultaten, so im Namen der Hauptstadt Tokio. Je nachdem, ob das ›i‹ als syllabisch oder nicht angesehen wird, hätte ›Tokio‹ zwei (To-kio) oder drei Silben (To-ki-o); im Japanischen hat das Wort vier Moren. Wie die Transkription mithilfe des gebräuchlichen Hepburn-Systems, ›Tōkyō‹, erahnen lässt, verteilen sich die beiden mit einem Makron gekennzeichneten Langvokale auf jeweils zwei Moren, sodass ›To-o-kyo-o‹ die korrekte moraische Einteilung des Wortes ist. Zusätzliche Moren können auch durch geminierte Konsonanten entstehen, die in anderen Sprachen, etwa Italienisch, den Silben zugeordnet würden, die bei einem einfachen Konsonanten schon bestünden (vgl. ›papa‹ [ˈpaːpa] vs. ›pappa‹ [ˈpapːa] mit jeweils zwei Silben). Ferner kann ein silbenfinales ›n‹ eine eigene More einnehmen (wie beispielsweise in ›Sendai‹, in Moren: ›Se-n-da-i‹). Nach der Einteilung in Moren ist es nun möglich, jeder More einen Akzent zuzuweisen. Das Standardjapanische, eine Sprache mit Pitch-Akzent (was ins Deutsche meist als melodischer oder musikalischer Akzent übersetzt wird), unterscheidet dabei allein zwischen hohem und tiefem Ton (obwohl die phonetische Realisierung komplexer ist, Stichwort: Tonkaskaden). Dabei werden Töne nicht willkürlich zugewiesen, sondern folgen einem System, das die Töne vor- und nachgelagerter Moren einbezieht. Klitika, zum Beispiel, schließen sich in vielen Fällen der tonalen Struktur des vorangehenden Wortes an. Für europäische Ohren hört es sich häufig so an, als sei in einem beispielsweise zwei- oder dreimorigen Wort die More mit hohem Ton das, was man etwa im Deutschen als die betonte Silbe bezeichnen würde. Ich weiß nicht, ob auch umgekehrt gilt, dass Muttersprachler des Japanischen eine Aussprache mit der Stärkebetonung auf dem, was die More mit hohem Ton wäre, als dem Original besonders ähnlich empfänden. Diese Faustregel scheitert übrigens in mindestens zwei Fällen: erstens, wenn sich Silbe und More nicht decken, sodass in einer anderen Sprache die Möglichkeit, den richtigen Teil des Wortes zu betonen, gar nicht besteht; zweitens, wenn ein Wort nicht bloß eine, sondern mehrere Moren mit hohem Ton kennt, was sich in Sprachen, die nur eine Hauptbetonung pro Wort vorsehen, schwerlich wiedergeben lässt. Als erweiterte Faustregel würde ich daher empfehlen, die Silbe zu betonen, der die erste von womöglich mehreren Moren mit hohem Ton zugeordnet werden kann. Nehmen wir noch einmal konkret den Namen der Hauptstadt, also ›Tōkyō‹ (東京). Hierbei handelt es sich um ein Wort, das als ›heiban‹ (平板), also wörtlich ›Fläche‹ oder ›Platte‹, beschrieben wird: Nur bei diesen als akzentlos geltenden Wörtern fehlt der Übergang von einer hohen zu einer tiefen More; stattdessen ist die erste More tieftonig, die folgenden tragen einen hohen Ton. Als Transkription für das Japanische wäre dementsprechend [toˈːki̯oː] oder [toˈoki̯oː] bzw., um Konsequenz bei der Schreibweise der Langvokale zu erreichen, [toˈoki̯oo] richtig. Alternativ ließe sich die Betonung als tonale Bewegung nach oben, ›Upstep‹ genannt, transkribieren, also dann [toꜛoki̯oo] (und Varianten), wobei [ꜛ] eine inoffizielle, dezentere Variante des eher aufdringlichen IPA-Symbols [↑] ist. Das Gegenstück wäre der Downstep, der etwa in ›Nagasaki‹ (長崎) zu hören ist, einem Wort mit tieftoniger erster und hochtoniger zweiter More: Oft wird hierbei das IPA-Zeichen für Nebenbetonung zweckentfremdet, um das Absinken der Tonhöhe nach der betonten More zu kennzeichnen, was in diesem Fall [naˈɡaˌsaki] ergäbe; andernfalls würde man [naꜛɡaꜜsaki] transkribieren – da möge jeder für sich selbst entscheiden, welche Konvention er deutlicher oder ästhetisch ansprechender findet. Die Anwendung meiner Faustregel für Sprachen ohne Pitch-Akzent ergäbe demnach eine Betonung auf der ersten Silbe im Fall von Tokio und eine auf der zweiten für Nagasaki. Letzteres stimmt nicht mit der etablierten Aussprache im Deutschen und Englischen überein. Das Gleiche gilt für Sendai (仙台) [ˈseˌɴdai], das in deutschen Medien meist auf der zweiten Silbe betont wurde, und Fukushima (福島) [ɸɯ̞̥̈ˈkɯ̞̈ˌɕima], bei dem die intuitive Betonung Deutschsprachiger auf die vorletzte Silbe fällt. Weitere japanische Namen, die jüngst viel zu hören waren, sind Tōhoku (東北) [ˈtoˌohokɯ̞̈], Miyagi (宮城) [ˈmiˌjaɡi] und Kurihara (栗原) [kɯ̞̈ˈɺ̠iˌhaɺ̠a] – wobei die Aussprache dieser Namen durch Deutsche variierte. Es ist eben schwierig, hier zumindest nah am Original zu liegen, wenn selbst das Hören der korrekten Tonfolge vielen Europäern Mühe bereitet. ... older stories
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