Montag, 7. Juni 2010
Wörter-[buːx] XV: Englisch-Spezial [Fester Link zum Beitrag]
Englisch ist die Weltsprache, fast jeder beherrscht sie – irgendwie. ›Sprachschützer‹ aus dem anglo-amerikanischen Raum äußern sich, analog zur Angst vor Infiltration durch das Englische in Deutschland oder Frankreich, bisweilen besorgt, die englische Grammatik könne durch die große Zahl an Nicht-Muttersprachlern, die von ihr intensiven Gebrauch machen, über die Maßen simplifiziert werden. Das ist wahrscheinlich eine unzutreffende Befürchtung: Warum sollten Nativespeaker nicht in der Lage sein, zu unterscheiden zwischen einerseits der voll ausgebauten Grammatik, aus der sie schöpfen, wenn sie mit ihresgleichen sprechen, und andererseits einer vereinfachten Version des Englischen, die bei der Kommunikation mit Leuten, die Englisch nicht als erste Sprache gelernt haben, zum Einsatz kommt? Das grammatikalische Wissen einer Mutter nimmt ja auch keinen Schaden, wenn sie über Jahre mit ihren Kindern kommuniziert und dabei auf gewisse komplexe Konstruktionen mehr oder weniger bewusst verzichtet. Wahr hingegen ist, dass falsche Aussprachen von englischen Personen- und Ortsnamen bei Nicht-Muttersprachlern häufiger vorkommen. Schließlich ist dies kein Bereich, in dem formale Regeln – wie etwa in der Morphologie und der Syntax – erschöpfende Erklärungen bieten. Vielmehr stolpert man von einer Ausnahme zur anderen. Hier ist eine kleine Auswahl, die mir in letzter Zeit begegnet ist:
  • Aotearoa: [ˌɐːɐʉ̯tɪə̯ˈɹɐʉ̯ɘ]
  • Ellen DeGeneres: [ˈɛlən dəˈd͜ʒɛnərəs]
  • Ralph Lauren: [ɹælf ˈlɑːɹən]
  • John Le Carré: [d͜ʒɒn ləˈkæɹeɪ̯]
  • Schenectady: [skɪˈnɛktədi]
  • Maurice Sendak: [mɑːˈɹiːs ˈsɛndæk]
  • Siobhán: [ʃəˈvɔːn] (engl.) bzw. [ˈʃʊwaːn̪ˠ] (ir.)
  • Vancouver: [væŋˈkuːvə] (engl.) bzw. [vɑ̃kuˈvɛːʀ] (frz.)
Anmerkung zu Aotearoa: Der Begriff ist eine verbreitete Māori-Bezeichnung für Neuseeland, wobei ich mit der ursprünglichen Phonologie nicht vertraut bin. Bei der Umsetzung in neuseeländisches Englisch ist zu beachten, dass sich die Lautwerte zum Teil erheblich von denen der britischen Received Pronunciation oder von General American unterscheiden. So ist etwa der Vokal in ›palm‹, wie im Australischen, nach vorne verlagert und hat eine zwischen [aː] und [ɐː] liegende Qualität. Zur Differenzierung des ›goat‹-Diphthongs von Lauten wie in ›mouth‹ trägt vor allem der erste Vokal bei, der in ›goat‹ [ɡɐʉ̯t] weiter hinten liegt als in ›mouth‹ [mɛɔ̯θ]; zusätzlich dürfte das zweite Element in letzterem Diphthong mit leicht tieferer Zungenlage gesprochen werden, wobei [mɛʉ̯θ] ebenfalls eine vorstellbare Transkription wäre. Der Diphthong [ɪə̯] entspricht dem britischen [ɛə̯] wie in ›square‹, das in der prätonischen Silbe von ›Aotearoa‹ mitunter zu hören ist. Dagegen kann bei (vor allem jungen) Neuseeländern, die den Diphthong nicht wie in England realisieren, von einem sonst selten anzutreffenden ›NEAR-SQUARE merger‹ gesprochen werden, bei dem die Laute dieser zwei Wörter ununterscheidbar werden. Nicht zum Tragen kommt in dem hier diskutierten Wort allerdings das wohl markanteste Charakteristikum von Kiwi-Englisch, da es die Vokale in ›had‹, ›head‹ und ›hid‹ betrifft: Letzterer fällt durch erhebliche Zentralisierung mit dem nur in unbetonten Silben vorkommenden [ɘ] oder [ə] zusammen, was den Weg dafür frei macht, dass die beiden anderen Vokale geschlossener als in vielen Varietäten gesprochen werden (Stichwort: Kettenverschiebung), also [hɪd] oder [hed] für ›head‹ und [hɛd] für ›had‹.



Samstag, 5. Juli 2008
Madame Tussauds [Fester Link zum Beitrag]
Das Londoner Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds (auch im Englischen tatsächlich ohne Apostroph) hat neuerdings eine Niederlassung in Berlin. In der britischen Hauptstadt hatte Marie Grosholtz (1761–1850) das Museum 1835 gegründet – mit den Figuren ihres Onkels und unter dem Namen ihres ersten Mannes, François Tussaud. In Frankreich, wo sie ihn traf und auch wieder verließ, spricht man den heute quasi ausgestorbenen Nachnamen [tyˈso]. In Deutschland wird Madame Tussauds in der Regel [maˈdam tyˈsoːs] gesprochen. Wer des Französischen nicht kundig ist, mag die Schreibweise des Namens missdeuten und – wie oft gehört – bei [tuˈsoːs] herauskommen. Indes müsste im Französischen für diese Lautung der Name ›Toussaud‹ geschrieben werden. Im Englischen erübrigen sich derartige Überlegungen, da ein Äquivalent für das französische [y] ohnehin fehlt. Amerikaner sprechen folglich von [ˈmædəm tuˈsoʊz]; für Briten heißt die Ausstellung meist [ˈmædəm təˈsɔːdz]. Unbeachtet bleibt, dass das geschriebene ›d‹ ursprünglich keine phonetische Entsprechung hatte.



Sonntag, 4. Mai 2008
Korrekt archaisieren [Fester Link zum Beitrag]
Laura Marling, eine junge englische Songwriterin, hat vor einigen Wochen ein Album mit dem Titel Alas, I Cannot Swim veröffentlicht. Die Platte wurde im deutschen Radio besprochen, und schon klang ›alas‹ ähnlich wie der Frauenname ›Alice‹. In Wörterbüchern wird ›alas‹, was so viel wie ›leider‹ bedeutet, als altertümelnder oder literarisierender Begriff geführt. Es gibt eine Reihe weiterer englischer Wörter, die gerade wegen ihres heute archaischen Beiklangs noch gerne in Texte eingeflochten werden. Das ist als Stilmittel natürlich erlaubt – und noch eleganter, wenn man beim Vortrag die korrekte Aussprache parat hat. Da wären etwa die mit ›alas‹ [əˈlæs] gleichbedeutenden ›alack‹ [əˈlæk] und ›lackaday‹ [ˈlækədeɪ]. Für die Interjektion ›Zounds!‹ [zaʊndz] gibt es die schöne deutsche Übersetzung ›Sapperlot!‹, das heute höchstens von Sprechern fortgeschritteneren Alters, vulgo: Oma und Opa, zu hören ist. Das Original ist bei Shakespeare, je nach Stück, im halben Dutzend zu bekommen. Auch von den Temporal- und Lokaladverbien haben sich einige Vertreter ins Englische des 21. Jahrhunderts gerettet: Die altmodische Variante von ›between‹ lautet ›betwixt‹ [bɪˈtwɪkst], für ›kurz darauf‹ hieß es – im Rime of the Ancient Mariner (Ende 18. Jh.) beispielsweise – ›eftsoons‹ [ɛftˈsuːnz], ›thenceforth‹ [ˌðɛntsˈfɔːθ] wurde von Begriffen wie ›thereafter‹ verdrängt, statt ›ofttimes‹ [ˈɒfttaɪmz] sagt man heute wohl eher ›frequently‹. Noch ein paar nette Vokabeln: Mit ›certes‹ [ˈsɜːtɪz] lässt sich trefflich latinisieren, ›maugre‹ [ˈmɔːɡə] deutet Französischkenntnisse an, bei ›forsooth‹ [fəˈsuːθ] fühlt man sich gleich zu Pepys & Co. zurückversetzt. Als phonetische Stolperfalle von diesen Wörtern wohl am besten geeignet sind folgende zwei: Mit ›yclept‹ [ɪˈklɛpt], was so viel bedeutet wie ›genannt‹, spielt James Joyce im ›Oxen of the Sun‹-Kapitel seines ›Ulysses‹, das die sprachliche Entwicklung des Englischen bis ins Dublin des frühen 20. Jahrhunderts nachvollzieht. Bei ›albeit‹ habe ich auch von englischen Muttersprachlern Lautungen gehört, die auf die falsche Segmentierung ›al-beit‹ hindeuten. Richtig ist ›al-be-it‹, wörtlich ›auch wenn es so sei‹, was man dreisilbig [ɔːlˈbiːɪt] spricht, und nicht zweisilbig mit einem Diphthong. Für gebildete Englischsprecher theoretisch alles kein Problem, aber wenn man die heiteren Kasuswirren liest, die mit ›thou‹ [ðaʊ] (›du‹), ›thee‹ [ðiː] (›dich/dir‹) und ›thy‹ [ðaɪ] (›dein‹) produziert werden, möchte man nach der Aussprache gar nicht fragen. Man möchte vielmehr ergänzen: Die alten Präsensformen der Verben ›have‹, ›say‹ und ›do‹ in der 2. und 3. Person Singular lauten in ihren Vollformen ›(thou) hast‹ [hæst], aber ›(he) hath‹ [hæθ], ›(thou) sayest‹ [ˈseɪɪst], aber ›(he) saith‹ [sɛθ], ›(thou) doest‹ [ˈduːɪst], aber ›(he) doeth‹ [ˈduːɪθ]. Ist ›do‹ ein Hilfsverb, schreibt und sagt man ›(thou) dost‹ [dʌst] und ›(he) doth‹ [dʌθ]. *›I hast‹ und *›thou doeth‹? Nay, I prithee! [neɪ | aɪ ˈpɹɪði]



Samstag, 8. Dezember 2007
Overt vs. kovert [Fester Link zum Beitrag]
Diese beiden Begriffe dürften vor allem Deutschen bekannt sein, die sich mit Linguistik beschäftigen. Nicht einmal der Fremdwörter-DUDEN führt eines der beiden Wörter. »Overt« bedeutet, dass etwas an der (phonetischen oder orthografischen) Oberfläche realisiert wird, »kovert« das Gegenteil. So muss in Nullsubjekt-Sprachen (auch: Pro-Drop-Sprachen) wie dem Italienischen oder dem Portugiesischen das Subjekt nicht overt realisiert werden; dadurch sind Sätze wie « Ho comprato un computer » (dt. »Ich habe mir einen Computer gekauft«) oder « Vou para casa » (dt. »Ich gehe nach Hause«) möglich. In der Soziolinguistik spricht man von Varietäten, die kovertes Prestige besitzen, wie Kanak Sprak oder Working-Class-Akzente, also einerseits von Menschen gesprochen werden, die nicht in der jeweiligen Gesellschaft als prestigeträchtig empfundene Attribute aufweisen, andererseits gerade dadurch eine als reizvoll angesehene Authentizität oder “street cred” erwerben. Zur Aussprache: Im Deutschen ist die Sache relativ klar, nämlich [oˈvɛrt] und [koˈvɛrt]. Bisweilen hört man eine Anfangsbetonung, wenn die Begriffe in unmittelbarer Nähe konstrastiv verwendet werden. Im Englischen ist es etwas schwieriger: Die jeweils gängigsten Aussprachen von “overt” und “covert” sind [əʊˈvɜːt] (GenAm analog) und [ˈkʌvət] (RP) bzw. [ˈkoʊvɝːt] (GenAm). Nicht selten scheint aber, bei vergleichendem Gebrauch der Begriffe, gewünscht zu sein, dass sich die Aussprachen lediglich durch das Vorhandensein bzw. die Abwesenheit des [k] unterscheiden. Um dies zu erreichen, muss man auf seltenere, nicht aber falsche Lautungen zurückgreifen, nämlich [ˈəʊvɜːt] und [ˈkəʊvɜːt] (GenAm jeweils analog); auch die Betonung auf der zweiten Silbe ist möglich. Das ist sicher besser als die laienhaften Versuche deutscher Linguisten, dem Wort “overt” die britische Standardaussprache von “covert”, ohne den ersten Laut eben, aufzudrücken.



Dienstag, 6. November 2007
Pepys, Borges & Palahniuk [Fester Link zum Beitrag]
Samuel Pepys (* 1633; † 1703), Jorge Luis Borges (* 1899; † 1986) und Chuck Palahniuk (* 1962) haben auf den ersten Blick wenig mehr gemeinsam, als dass sie schriftstellerisch tätig waren oder sind. Noch etwas jedoch eint diese drei Namen, nämlich dass sie meistens falsch ausgesprochen werden. Was Pepys angeht, kann man dafür Verständnis haben: Entweder weiß man, wie der Name lauten muss, oder man rät mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch. Korrekt ist in seinem Fall [ˈsæmjuəl piːps]. Andere Menschen, die denselben Namen tragen, sprechen ihn jedoch [pɛps] oder einfach [ˈpɛpɪs], wie man es erwarten würde. – Jorge Luis Borges war ein früher postmoderner Autor aus Argentinien. In Deutschland hört man seinen Nachnamen nicht selten als [ˈbɔɐ̯çəs] oder ähnlich. Das ist insofern unverständlich, als die Aussprache im Spanischen – abgesehen von dem alveolaren Tap als R-Laut und dem stimmhaften labio-velaren Approximanten als Teil des Diphthongs, die aber leicht ersetzt werden können – keinerlei Laute enthält, die dem Deutschen grundsätzlich fremd sind. Die richtige Aussprache ist relativ leicht von den Regeln der spanischen Phonetik abzuleiten: [ˈxoɾxe lwis ˈboɾxes]. – Beim Nachnamen Chuck Palahniuks, einem amerikanischen Schriftsteller, steht man hingegen wieder völlig im phonetischen Wald. Dass der Name aus dem Ukrainischen kommt (Kyrillisch: Палагнюк) und dort [pɑlɑɦˈnjuk] lautet, hilft auch nicht weiter. Der Autor spricht sich [t͜ʃʌk ˈpɑːlənɪk] aus, wie man sich auch in einem Video bei YouTube anhören kann.



Dienstag, 9. Oktober 2007
Literaturnobelpreis [Fester Link zum Beitrag]
Mit dem Medizin-Nobelpreis wurde heute der Reigen der Nobelpreiswoche eröffnet. Diese Auszeichnung erhalten drei Forscher aus englischsprachigen Ländern für ihre Arbeiten an der Knockout-Maus: Es sind die US-Amerikaner Mario Capecchi [ˈmɑːɹioʊ kəˈpɛki] und Oliver Smithies [ˈɑːləvɚ ˈsmɪðiz] sowie der Brite Martin Evans [ˈmɑːtɪn ˈɛvənz]. Am kommenden Donnerstag wird von der Svenska Akademien der Nobelpreis für Literatur vergeben. Wie jedes Jahr kursieren im Vorfeld dutzende von Namen möglicher Kandidaten: Als Außenseiter gelten in der Regel Lyriker wie der Franzose Yves Bonnefoy [iːv bɔnˈfwa], der Chinese 北島 (Pinyin: Běi Dǎo) [˧˥ pei̯ ˨˩ tɑʊ̯] oder der Schwede Tomas Tranströmer [ˈtuːmas ˈtrɑːnstrœmər]. Ebenfalls geringe Chancen räumt man Autoren wie dem Japaner 村上春樹 (Haruki Murakami) [haɺ̠ɯ̞̈ki mɯ̞̈ɺ̠akami], dem Tschechen Milan Kundera [ˈmɪlan ˈkundɛra] und dem Mexikaner Carlos Fuentes [ˈkaɾlos ˈfwen̪tes] ein. Die Chancen für eine Frau als Preisträgerin stehen genauso schlecht: Joyce Carol Oates [dʒɔɪ̯s ˈkæɹəl oʊ̯t͜s] ist eine der wenigen Frauen, deren Name in diesem Zusammenhang erwähnt wird. Schon besser scheint es für Schriftsteller wie den Italiener Antonio Tabucchi [anˈtɔːni̯o taˈbukːi], den Belgier Hugo Claus [ˈhyχöʊ̯ klʌʊ̯s], den Russen Andrei Georgijewitsch Bitow (Kyrillisch: Андрей Георгиевич Битов) [ʌnˈdrʲe̞j ɡʲɪˈo̞rɡʲɪjɪvʲɪtʲɕ bʲɪˈto̞f] und den Israeli Amos Oz (Hebräisch: עמוס עוז) [ˈʔamos ʔoz] auszusehen. Für viele ganz oben stehen der Italiener Claudio Magris [ˈklau̯di̯o ˈmaɡris] und der Portugiese António Lobo Antunes [ɐ̃ˈtɔni̯u ˈloβu ɐ̃ˈtunɯʃ]. Am meisten Chancen dürfen sich, wie behauptet wird, einige renommierte US-amerikanische Autoren ausrechnen: Schon seit Jahren immer wieder als Kandidaten für den Preis im Gespräch sind Philip Roth [ˈfɪləp ˈɹɑːθ], Thomas Pynchon [ˈtɑːməs ˈpɪnˌtʃɑːn] und Don DeLillo [dɑːn dəˈlɪloʊ]. Oder wird es am Ende doch Bob Dylan [bɑːb ˈdɪlən]?

Nachtrag: Den Physik-Nobelpreis erhalten der Deutsche Peter Grünberg [ˈpeːtɐ ˈɡʁyːnbɛʁk] und der Franzose Albert Fert [alˈbɛːʀ fɛʀt] für die Entdeckung des GMR-Effekts.



Freitag, 24. August 2007
Der elfjährige Junge, der in Liverpool erschossen wurde, trägt einen walisischen Vornamen mit der Bedeutung »Begeisterung«. Die korrekte Aussprache des Namens ist [ɹiːs dʒəʊnz]. Der Buchstabe y steht am Anfang eines Wortes oder einer Silbe in der Regel für [j] (wie in yacht oder you). In allen anderen Positionen sind [aɪ] (wie in analyse oder dry), [ɪ] (wie in abyss oder yclept) oder, vor allem im Auslaut, [i] (wie in ability oder funny) möglich. Der Langvokal [iː] in Rhys wurde aus der walisischen Aussprache übernommen, die – je nach Region – [hrɨːs] (im Norden) bzw. [hriːs] (im Süden) lautet. – Der traurige Anlass bietet phonetisch Interessierten übrigens die Gelegenheit, auf den Websites britischer Fernseh- und Radiosender Musterbeispiele für Scouse, den Dialekt der Liverpudlians [ˌlɪvəˈpʌdliənz], zu hören. Dabei ist zum Beispiel das sogenannte flat a auffällig, das in Varietäten des Englischen zu hören ist, die den trap-bath split nicht aufweisen. Wörter wie bath oder sad lauten dann [baθ] bzw. [sad] – statt, wie in der Received Pronunciation, [bɑːθ] und [sæd]. Ein weiteres phonetisches Merkmal, das Scouse von der englischen Standardaussprache abhebt, ist die Realisierung des Phonems /r/ als [ɾ] statt als [ɹ]. Markant ist zudem die Artikulation des Phonems /k/, vor allem am Wortende, als [x]. So erzählen zum Beispiel die Fußballkumpane des getöteten Jungen, ihr Freund sei gerade aus dem Urlaub in [məˈjɔːxə] zurückgekommen. Ein Wort, das zwei der phonetischen Besonderheiten vereint, nämlich das flat a und den velaren Frikativ, ist back, das RP-Sprecher [bæk] sprechen, Scousers hingegen [bax].



Sonntag, 12. August 2007
Die Stadt in der Grafschaft Surrey (zu deren Aussprache: siehe Blog vom 4. August) gilt als Musterbeispiel für die Nutzung erneuerbarer Energien. Ihr Name ist nicht homophon mit dem Gerundium des englischen Verbs to walk. Man spricht die Stadt [ˈwəʊkɪŋ]. Einen literarischen Auftritt hatte Woking in The War of the Worlds (1898; dt. Krieg der Welten) von H. G. Wells, den man [eɪtʃ dʒiː wɛlz] spricht. In dem Roman landen Marsianer auf einer Gemarkung in Horsell bei Woking. – Eine berühmte Bewohnerin der Stadt war die Komponistin Ethel Mary Smyth: Den Nachnamen Smith spricht man im Englischen praktisch immer [smɪθ]. Dies ist auch für die Schreibweise Smyth eine mögliche Variante, eine weitere ist [smaɪð]. Die korrekte Lautung für den Namen der Suffragette ist [ˈɛθl̩ ˈmɛəɹi smaɪθ]. Für die Aussprache des Begriffs Suffragette empfiehlt der DUDEN übrigens die stark eingedeutschte Form [zʊfʁaˈɡɛtə], obwohl diese Bezeichnung für Frauen, die das allgemeine Wahlrecht forderten, aus dem englischen bzw. französischen suffrage (für: Wahlrecht; Wahlstimme) kommt. Im ersten Fall spricht man das Wort [ˈsʌfɹɪdʒ], im zweiten [syˈfʀaʒ].



Samstag, 4. August 2007
Die Aussprache des Namens der englischen Grafschaft, in der die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen ist, in den deutschen Nachrichten zeigt, wie sehr unsere Vorstellungen von englischer Phonetik durch das Amerikanische geprägt sind. Die Buchstabenfolge ur(r) steht in der amerikanischen Aussprache oft für [ɝ]. Einige Wörter mit diesem Laut werden im britischen Englisch mit dessen nicht-rhotischem Äquivalent [ɜ] gesprochen, wie blur, fur, occur oder purr. In anderen Fällen korrespondiert das amerikanische [ɝ] jedoch mit dem britischen [ʌɹ]. Beispiele hierfür sind burrow, flurry, hurry, (s)curry (auffallend viele Begriffe auf y, wie man sieht) – und eben Surrey. Die britische Aussprache dieses Namens ist also [ˈsʌɹi]. Auch die Lautung des Ortes, der in der Nähe des von der Seuche betroffenen Hofes liegt, birgt eine kleine Besonderheit: Guildford lautet korrekt [ˈɡɪlfəd]; das d bleibt stumm, anders als beispielsweise im Namen der Figur Guildenstern aus Shakespeares Hamlet. Die Maul- und Klauenseuche, auch wenn das für deutsche Fleischesser hoffentlich ohne Bedeutung bleiben wird, heißt übrigens auf Englisch foot-and-mouth disease, sprich: [ˌfʊt ən ˈmaʊθ dɪˌziːz] – oder mit ein wenig Assimilation, wie eben bei Sky News gehört, [ˌfʊpm̩ˈmɛˑɤ̯̈z̪ dɪˌziːz̥].



Donnerstag, 2. August 2007
Aus aktuellem Anlass: Die achtspurige Autobahnbrücke, die gestern in den USA eingestürzt ist, führte über den Mississippi, dessen Aussprache im Englischen [ˌmɪsəˈsɪpi] ist. Sie verband zwei auf verschiedenen Seiten des Flusses gelegene Viertel der Stadt Minneapolis, die man [ˌmɪniˈæpəlɪs] ausspricht. In unmittelbarer Nähe liegt das etwas kleinere Saint Paul, sprich: [seɪnt ˈpɑːl], das zusammen mit Minneapolis als die sogenannten twin cities bezeichnet wird. Beide Städte liegen im US-Bundesstaat Minnesota, der – mit dem typisch nordamerikanischen Merkmal des alveolar tapping – [ˌmɪnəˈsoʊɾə] ausgesprochen wird.



Letzte Aktualisierung:
21. Januar, 16:07
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