DAS PHONETIK-BLOG [foˈneːtɪkˌblɔk]
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Donnerstag, 24. Dezember 2009
Forvo: Gesammelte Highlights [Fester Link zum Beitrag]
Beim Stöbern auf forvo.com (siehe vorheriger Artikel) bin ich auf zahlreiche Einträge gestoßen, bei denen ich mich gewundert habe, warum sich Leute nicht entblöden, Wörter einzusprechen, deren gängige Lautung ihnen nicht geläufig ist. Hier eine kleine Auswahl, wobei die zu hörende, falsche Aussprache mit einem Asteriskus versehen ist:
  • Abduzens: *[apduˈt͜sɛns] statt [apˈduːt͜sɛns]
  • Aktienfonds: *[-fɔnt͜s] statt [-fɔ̃]
  • Aliasing (dt.): *[ɛliˈeɪ̯zɪŋ] statt [ˈeɪ̯liəsɪŋ]
  • Auspitz (heute Hustopeče): *[ˈaʊ̯ʃpɪt͜s] statt [ˈaʊ̯spɪt͜s]
  • Bad Bergzabern: *[bɛɐ̯kˈt͜saːbɐn] statt [ˈbɛʁkt͜saːbɐn]
  • Hans Holbein: *[ˈhoːlbaɪ̯n] statt [ˈhɔlbaɪ̯n]
  • Franz von Lenbach: *[ˈlɛnbax] statt [ˈleːnbax]
  • Maligne¹: *[maˈliːn] statt [maˈlɪɡnə]
  • Marktredwitz: *[maːɐ̯ktˈʁeːtvɪt͜s] statt [maːɐ̯ktˈʁɛtvɪt͜s]
  • Oregano: *[oʁeˈɡaːnoː] statt [oˈʁeːɡano]
  • Poing: *[pɔɪ̯ŋ] statt [ˈpoːɪŋ]
  • 1: Sofern ich das richtig als das Adjektiv maligne, ›bösartig‹ interpretiere.
Hinzu kommen Dutzende weniger eindeutige Problemfälle, die ich hier nicht nenne, da sich nicht feststellen lässt, ob die Aufnahmen so merkwürdig sind, weil die Sprecher – wie bei den genannten Begriffen – keine Ahnung hatten, wie das Wort in der Regel lautet, oder weil ihre phonetische Umsetzung einer richtigen Phonemfolge ungewöhnlich ist. Exemplarisch dafür ist die Aufnahme des Rebsortennamens Müller-Thurgau, dessen zweiter Bestandteil bei dem Sprecher [ˈtʊʁɡaʊ̯] lautet, obwohl [ˈtuːɐ̯ɡaʊ] richtig wäre. Das kann Inkompetenz sein in diesem Fall, aber auch, zum Beispiel, die Folge einer überzogenen Bemühung um korrekte Aussprache: Vokalisiertes /r/ wird von einigen (grundlos) als nachlässig empfunden, ist nach langem Vokal aber zwingend; deshalb wird – so könnte man sich vorstellen – der Vokal zu [ʊ] gekürzt und zentralisiert, um den Weg für die konsonantische Aussprache freizumachen. Klären lässt sich das nicht, weshalb solche Einträge hier ausgeklammert bleiben, aber natürlich auch keine leuchtenden Beispiele für den praktischen Nutzen von ›Forvo‹ sind.

Noch ein Nettes: Wer nach ›Katar‹ sucht, gelangt zu einem Eintrag in der Kategorie ›illness‹, bei dem eine Polin in ihrer Muttersprache das Wort für ›Schnupfen‹ artikuliert. Zusätzlich dort zu finden sind zwei deutsche Lautungen, von denen nicht klar ist, ob sie sich auf das arabische Land beziehen oder auf eine Falschschreibung von ›Katarr(h)‹. Nehmen wir zugunsten der Sprecher an, dass es um den Schnupfen geht, denn nur dafür ist die zu hörende Aussprache halbwegs richtig; das Land betont man auf der ersten Silbe. Auch bei ›Jus‹ weiß man nicht so recht, ob die angebotene Aussprache [juːs] richtig oder falsch ist: Für Rechtswissenschaft ist die Lautung zutreffend, für Fleischsaft nicht – den bezeichnet man nämlich, wie im Französischen, als [ʒyː]. Und dass die Apenninen [apɛˈniːnən] bei ›Forvo‹ als [apəˈnɪnən] zu hören sind, könnte daran liegen, dass sie dort als ›Apeninnen‹ (sic!) verzeichnet sind. Auch im Irrtum ist Konsequenz wichtig – und in der Fehlsegmentierung: Oder heißt der Fußballer Per Mertesacker [ˈmɛʁtəs.akɐ] etwa [ˈmɛʁtə.zakɐ], wie hier zu hören ist? Immerhin empfand noch jemand die Version mit [z] als ›Bad‹. Ebenfalls ›Bad‹ oder zumindest äußerst strange sind Einträge, bei denen ausländische Namen in einer, behaupte ich, ungebräuchlichen eingedeutschten Fassung zu hören sind: Gibt es ernsthaft jemanden, der den französischen Präsidenten Sarkozy, im Original [saʀkɔˈzi], als [zaːɐ̯ˈkoːzi] ausspricht? Anscheinend schon. Noch kurioser erscheint mir der Fall des flämischen Malers Pieter Coecke van Aelst, korrekt [ˈpitəɾ ˈkukə vɑn aːlst], zu dem es nicht nur diese gute Aufnahme eines Belgiers gibt, sondern auch die eines Deutschen, der [ˈkøːkə fan ˈɛːlst] sagt. Sehr hilfreich.

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