Freitag, 25. November 2011
[ɡəˈzuːxt] und gefunden: A [Fester Link zum Beitrag]
Rubriken sind etwas Schönes, weil sie dem Autor Denkarbeit abnehmen und dem Leser eine meist als angenehm empfundene Erwartbarkeit bieten. Wer die Rubrik blöd findet, weiß, dass er gleich weiterklicken kann; wer sie mag, freut sich auf die nächste Folge.

Ab heute gibt es hier also diese neue Rubrik. Darin widme ich mich Begriffen, deren korrekte oder gängige Aussprache – ausweislich der Vorschlagslisten in Suchmaschinen – von vielen online herauszufinden versucht wird. Das dürfte eine bunte Mischung aus deutschen oder fremdsprachigen Wörtern und Eigennamen sein. Pro Folge nehme ich mir einen Anfangs­buchstaben vor. Um nicht demnächst mit dem Alphabet von vorne anfangen zu müssen, werde ich die Einträge gelegentlich aktualisieren. Vorschläge zu populären Zweifelsfällen, die von den Suchmaschinen nicht erfasst sind, nehme ich gerne entgegen.
  • Aaron
    Männlicher Vorname. Im Deutschen lautet er [ˈaːʁɔn]. Im Englischen ist [ˈɛə̯ɹən] (BE) bzw. [ˈɛɹən] (AE) die traditionelle Aussprache; möglich ist auch [ˈæɹən]. Die arabische Variante ist ›Hārūn‎‹ (هارون); sie wird [hæːˈruːn] gesprochen. Kurios: Der Aussprache­DUDEN bietet eine rumänische Lautung an, die hier nicht fehlen soll: [ˈaɾon].
  • Accessoire
    Von der französischen Aussprache [aksɛˈswaːʀ] bzw. [akseˈswaːʀ] weicht die deutsche nur wenig ab: [aksɛˈso̯aːɐ̯]. Schöner Triphthong. Lautungen, in denen [ks] durch [s] ersetzt wird, gelten im Deutschen als nachlässig bis falsch. Im Niederländischen hat es [ɑsɛˈswaːɾ] bereits in die Wörterbücher geschafft, teilweise sogar als erste Wahl.
  • Aconcagua
    Berg in Südamerika. Die spanische Aussprache ist [akoŋˈkaɰwa]. [ɰ] wird bisweilen [ɣ] transkribiert, obwohl ich es sonderbar finde, den Laut einerseits als Approximant zu charakterisieren, andererseits aber ein Symbol für einen Frikativ zu verwenden, hier und da mit Diakritikum: [ɣ̞]. Ich lese bei Martínez-Celdrán et al. 2003 (Journal of the IPA 33/2), dass [ɰ] das falsche Symbol sei “because it represents an unrounded semi­vowel that requires spread lips” (S. 257). Keine Ahnung, woher sie das haben: In meinem IPA-Handbuch wird der Laut als “voiced velar approximant” beschrieben.
  • Advertisement
    Das englische Wort für ›Werbung‹, kurz auch ›ad(vert)‹, ist ein Klassiker, der immer wieder gerne besprochen wird. Die im britischen Englisch vorherrschende Aussprache ist [ədˈvɜːtɪsmənt]; in den USA sagt man [ˌædvɝːˈtaɪ̯zmənt].
  • Adele
    Weiblicher Vorname. Er kommt aus dem Französischen, wo er [aˈdɛl] lautet. Auf Deutsch ist daraus [aˈdeːlə] geworden, auf Englisch [əˈdɛl], auf Italienisch [aˈdɛːle].
  • aerob
    Adjektiv. Deutsche Aussprachewörterbücher führen eine Reihe von Begriffen, deren erster Bestandteil ›aer(o)-‹ ist und die [aeʁ(o)-] lauten sollen. Die Zahl der Wörter, bei denen diese Buchstabenfolge für [ɛʁ(o)-] steht, ist demgegenüber klein. Trotzdem ist die [ɛ]-Aussprache offenbar weit verbreitet. ›Aerob‹ ist also präskriptiv [aeˈʁoːp], aber häufig [ɛˈʁoːp]. Für ›Aerobic‹ hätte der DUDEN – in Anlehnung an das englische [ɛˈɹoʊ̯bɪk] (AE) – gerne [ɛˈʁoːbɪk], während mir [ɛˈʁɔbɪk] gängiger erscheint.
  • Affiliate
    Der Begriff taucht im Deutschen vor allem in der Zusammensetzung ›Affiliate-Marketing‹ auf. Für Verwirrung bei der Aussprache sorgt, dass das Verb ›to affiliate‹ (angliedern, assoziieren) im Englischen anders lautet als das Substantiv ›affiliate‹ (Tochtergesell­schaft, Zweigfirma). Beim Verb wird mit [əˈfɪlieɪ̯t] in der letzten Silbe ein Diphthong realisiert, der beim Substantiv und Adjektiv mit [əˈfɪliət] zu einem Schwa reduziert wird. Letzteres ist die Aussprache, auf der Eindeutschungen basieren sollten.
  • Akquise
    Das wohl einzige deutsche Wort mit der Buchstabenfolge ›kq‹ ist auch des­wegen etwas Besonderes, weil direkt hintereinander ›k‹ und ›qu‹ stehen, die [k] bzw. [kv] wieder­geben. Muss man also zwei ›k‹ sprechen? Nein, die übliche Aussprache ist [aˈkviːzə]. Aus phonetischer Sicht wäre *›Aquise‹ eine genauso gute Schreibweise und tatsächlich schrieb man das zugrunde liegende Verb im Altfranzösischen ›aquerre‹. Irgendwann ist das etymologisch korrekte ›c‹ bzw. ›k‹, das die assimilierte lateinische Präfixendung aus ›acquaerere‹ (eigentlich ›ad-quaerere‹) erkennen lässt, wieder hinzugekommen.
  • Apnoe
    Abgeleitet von altgriechisch ἄπνοια [ápnɔi̯a] ›Atemlosigkeit‹ lautet die Eindeutschung [aˈpnoːə]. Es ist richtig, dass griechisches ›οι‹ bisweilen zu deutschem [ø] wird (vgl. ›Öko-‹ von griech. οἶκος oder ›Amöbe‹ von griech. ἀμοιβή), aber das ist eher die Ausnahme als die Regel und meist dadurch bedingt, dass wir das Wort nicht direkt aus dem Griechischen, sondern über das Lateinische oder in einer latinisierten Form übernommen haben. Für ›Apnoe‹ gilt dies nicht; die Formen mit [ø] sind unüblich.
  • Arcimboldo
    Italienischer Maler, vollständig Giuseppe Arcimboldo: [d͡ʒuˈzɛpːe art͡ʃimˈbɔldo].
  • Artemis
    Griechische Göttin der Jagd. Anders als bei manch anderem griechischen Namen hat sich die Aussprache hier wenig verändert: Ἄρτεμις spricht man [ártɛmis]. Im Deutschen heißt es [ˈaʁtemɪs], im Englischen [ˈɑːtɪmɪs] (BE) bzw. [ˈɑːɹtɪmɪs] (AE).
  • Axon
    Das Wort wird nicht in Analogie zu etwa ›Aceton‹ [at͜seˈtoːn], ›Hormon‹ [hɔʁˈmoːn] oder ›Ozon‹ [oˈt͜soːn] gesprochen, die alle langes, betontes ›o‹ in der letzten Silbe haben. Vergleichspunkte sind vielmehr ›Neutron‹ [ˈnɔɪ̯tʁɔn], ›Proton‹ [ˈpʁoːtɔn] oder ›Taxon‹ [ˈtaksɔn]. Die übliche Lautung für ›Axon‹ ist also [ˈaksɔn]. Im Plural dagegen wird das ›o‹, insoweit es erhalten bleibt, auch bei den Wörtern der zweiten Gruppe lang, also [aˈksoːnən] usw. Bei einigen Wörtern gibt es zwei oder mehr gängige Aussprachen: ›Argon‹ spricht man [ˈaʁɡɔn] oder, seltener, [aʁˈɡoːn]; Elektron kann [ˈeːlɛktʁɔn] oder [eˈlɛktʁɔn] oder [elɛkˈtʁoːn] lauten. Die letzten drei Aussprachen stehen hier vermutlich in aufsteigender Reihenfolge; ich beobachte, dass die Häufigkeit der [ˈoːn]-Aussprachen bei allen genannten Wörtern zunimmt und Veränderungen in diese Richtung eher akzeptabel sind als zugunsten von unbetontem [ɔn].
  • Ayers Rock
    Berg in Australien. Vielleicht führt die Assoziation mit dem bejahenden seemännischen Ausruf ›Aye aye‹ [ˌaɪ̯ ˈaɪ̯] zu den mir bekannten Falschaussprachen. Die übliche Lautung des englischen Namens des Bergs ist [ˌeːz ˈɹɔk] (AuE). Den im britischen Englisch als [ɛə̯] gesprochenen Zwielaut realisiert man in Amerika wie in Australien oft mono­pthongisch oder mit höchstens schwachem Schwa als zweitem Element: in den USA als [ɛ] plus ggf. [ɹ], in Australien wie oben angegeben. In der örtlichen Sprache der Ur­bevölkerung heißt der Berg übrigens ›Uluṟu‹, was sich offenbar [ˈʊlʊɻʊ] spricht und meist als [ˌuːləˈɹuː] (auch mit initialem Hauptakzent) anglisiert wird.



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