Mittwoch, 3. September 2008
Renault bringt ein neues SUV auf den Markt, habe ich in einer Anzeige gelesen. Und angefangen, darüber nachzudenken, wie man ›Koleos‹, den Namen des Gefährts, aussprechen soll. Eine Fernsehwerbung bestätigte meine Vermutung: [ʁəˈnoː koˈleːɔs] – in Deutschland. Nur: Wie heißt es in anderen Ländern? Im Französischen reiht sich das Kunstwort ein in die Gruppe der wenigen Begriffe, die auf [-os] enden; ich hatte auf deren kleine Zahl in einem Artikel vor über einem Jahr hingewiesen. Man sagt also [ʀə̹ˈno koleˈos]. Dieselbe Betonung wird im Spanischen angewandt, dort lautet die Produktbezeichnung [reˈnol koleˈos]. Ich kenne keine andere Sprache, in der im Markennamen ›Renault‹ die im französischen Original stummen Konsonanten nach dem [o] gesprochen werden. Dass diese Aussprache in Spanien nicht nur in der Werbung, sondern auch im Alltag verwendet wird, zeigt eine Suche nach ›Renol‹ auf spanischen Websites. Wer die Idee hatte, diese Lautung zu propagieren, vermag ich nicht zu sagen. Mit den phonologischen Erfordernissen des Spanischen kann man nicht argumentieren, da [no] eine akzeptable Silbe ist, wenn auch nicht in Verbindung mit der gegebenen Grafie. Die verbleibende Möglichkeit der Betonung, auf der ersten Silbe, wird in mindestens zwei europäischen Sprachen genutzt: In Italien spricht sich der Name des Wagens [reˈno ˈkɔːleɔs]; auf der britischen Insel heißt es [ˈɹɛnəʊ ˈkɒliɒs]. In den USA sagt man [ɹəˈnɑːlt] für den Hersteller – wenn man dort überhaupt auf die Idee kommt, über die Anschaffung eines solchen Autos zu diskutieren.



Wörter-[buːx] VI [Fester Link zum Beitrag]
Dieses Mal ein Personennamen-Spezial mit leichtem Schwerpunkt auf dem angloamerikanischen Raum, insbesondere den US-Präsidentschaftswahlen:
  • Paulo Coelho: [ˈpau̯lu ˈku̯eʎu]
  • Glenn Gould: [ɡlɛn ɡuːld]
  • Ruud Gullit: [ɾyːt ˈχʏlɪt]
  • Sergej Viktorovič Lavrov (Сергей Викторович Лавров):
    [sʲɪrˈɡʲej ˈvʲiktərəvʲɪtʲɕ lʌˈvrɔf]
  • Barack Obama: [bəˈɹɑːk oʊˈbɑːmə]
  • Sarah Palin: [ˈsɛɹə ˈpeɪlɪn]
  • Samakra Sunthonwet (สมัคร สุนทรเวช):
    [sàmákʰɾá sǔntʰɔːnwêːt̚]
  • Pete Townshend: [piːt ˈtaʊnzɛnd]
Anmerkung zu Barack Obama: Die korrekte Aussprache war hier schon am 9. Juni vergangenen Jahres zu lesen. Da war der Senator aus Illinois noch einer von acht Kandidaten der Demokratischen Partei für das Amt des US-Präsidenten. Das Ausmaß, das die Berichterstattung über den jungen Mann in Deutschland inzwischen erreicht hat, trägt offenbar kaum dazu bei, dass sich die richtige Lautung des Vornamens durchsetzt. Vielmehr ist umso häufiger die phonetische Insensibilität zahlreicher Sprecher, Moderatoren, Reporter in Funk und Fernsehen zu bestaunen: Da ist zum Beispiel Hillary Clinton zu hören, wie sie den Namen ihres Parteifreundes – natürlich richtig – ausspricht. Den Reporter hindert das nicht daran, in der unmittelbar folgenden Übersetzung des englischen O-Tons etwas wie [ˈbɛrək] zu produzieren. Dabei wäre es denkbar einfach, mit einer Eindeutschung wie [baˈʁaːk] wenigstens die Betonung und im Groben die Vokalqualitäten beizubehalten. Mangelt es an Wissen, Fähigkeiten oder, was ich glaube, an Interesse?



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