Samstag, 30. August 2008
Ein eher typografischer als phonetischer Lapsus war mein Schmunzler des Tages: Eine Mobilfunkfirma gratuliert via Zeitschriftenanzeige einer Olympiasiegerin, die für sie Werbung macht. Da die Olympischen Spiele in China stattgefunden haben, soll asiatisches Flair in die Anzeige. Also hat man sich ›Herzlichen Glückwunsch!‹ ins Chinesische übersetzen lassen: ›Göngxi!‹ Göng? Seit wann braucht man ein ›ö‹, um romanisiertes Mandarin zu schreiben? Vielleicht hat man in der Werbeagentur nur die Suchmaschine betätigt, vielleicht wurde ein Übersetzungsbüro um eine Fassung in lateinischer Schrift gebeten. Das Ergebnis dürfte in beiden Fällen die Pinyin-Wiedergabe von 恭喜 gewesen sein: ›Gōng Xǐ‹, sprich: [˥˥ kʊŋ ˨˩˦ ɕi]. Die Übersetzung ist korrekt, aber damit hört es dann leider schon auf.
Was die Diakritika über den Vokalen bedeuten, wissen regelmäßige Leser dieses Blogs: Jede Silbe im Chinesischen, das heißt: jedes Zeichen, ist zur Bedeutungsunterscheidung durch einen bestimmten Verlauf der Tonhöhe gekennzeichnet; man spricht von einer Konturtonsprache. Während regionale Varietäten des Chinesischen – trotz Unterschieden in Lexikon und Grammatik – einander im Schriftlichen erkennbar ähneln, decken sich deren Phonologien und damit auch die Toninventare kaum. Kantonesisch zum Beispiel hat insgesamt neun distinkte Tonkonturen, Mandarin deren vier, wenn man den sogenannten ›neutralen Ton‹ ausschließt. Diese Konturen werden in Pinyin, einem weit verbreiteten Transliterationssystem für das Hochchinesische, durch besagte Diakritika bezeichnet: Das Makron (ˉ) steht für einen konstant hohen Ton [˥˥], der Akut (´) für einen steigenden [˧˥], das Háček (ˇ) – im Tschechischen übrigens [ˈɦaːtʃɛk] lautend – für einen zunächst fallenden, dann steigenden [˨˩˦] und der Gravis (`) für einen fallenden Ton [˥˩]. Man illustriert dies typischerweise mit der Silbe ›ma‹, da sie mit allen fünf Tönen eine Bedeutung hat: ›Ma‹, mit neutralem Ton, dient als Fragepartikel in Entscheidungsfragen, ›mā‹ bedeutet ›Mutter‹, ›má‹ heißt ›Hanf‹, als ›mǎ‹ bezeichnet man ein Pferd, ›mà‹, mit fallendem Ton, kann wie ein Verb mit der Bedeutung ›schimpfen‹ verwendet werden. In der Werbeagentur konnte man mit den Tonzeichen offensichtlich nichts anfangen. Auch die in der Anzeige verwendete Schriftart erlaubt deren Darstellung nicht. Doch statt die Diakritika entfallen zu lassen, was außerhalb von Deutschland schon manchen Müller zum ›Muller‹ gemacht hat und in diesem Fall sogar akzeptabel gewesen wäre, wurde aus ›Gōng‹ eben ›Göng‹. Gut gemeint, aber in der Ausführung sonderbar. Vielleicht haben ein paar Chinesen die Anzeige auch gesehen und, wie ich, darüber grinsen müssen. Mittwoch, 13. Juni 2007
Die Maskottchen der Olympischen Spiele 2008, 福娃 (Fú Wá) [˧˥ fu ˧˥ wɑ] in Peking heißen:
– 贝贝 (Bèi Bèi) [˥˩ pei ˥˩ pei] – 晶晶 (Jīng Jīng) [˥˥ tɕiŋ ˥˥ tɕiŋ] – 欢欢 (Huān Huān) [˥˥ xu̯an ˥˥ xu̯an] – 迎迎 (Yíng Yíng) [˧˥ jiŋ ˧˥ jiŋ] – 妮妮 (Nī Nī) [˥˥ ni ˥˥ ni] Fügt man die einzelnen Zeichen aneinander, klingt das ähnlich wie der Satz 北京欢迎你 (Běi Jīng Huān Yíng Nǐ) [˨˩ pei ˥˥ tɕiŋ ˥˥ xu̯an ˧˥ jiŋ ˨˩˦ ni]. Zu Deutsch: »Peking heißt dich willkommen.« Donnerstag, 7. Juni 2007
I. M. Pei [Fester Link zum Beitrag]
Der chinesisch-amerikanische Architekt wird in seinem Mutterland 貝聿銘 (Pinyin: Bèi Yù Míng) geschrieben. Die hochchinesische Aussprache seines Namens lautet demnach: [˥˩ pei̯ ˥˩ y ˧˥ miŋ]. Sein Hauptwirken findet allerdings in den USA statt, wo er zunächst in der anglisierten Schreibweise Ieoh Ming Pei auftrat. Inzwischen bevorzugt es der Künstler, mit den Initialen statt seinem vollen Vornamen geführt zu werden. Zusammen mit seiner neuen Heimat ergibt sich Aussprache: [aɪ ɛm peɪ].
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