Sonntag, 5. August 2007
Seit Januar 2002 bezahlen Menschen in weit mehr als einem Dutzend Staaten Europas mit einer Währung: dem Euro. Die Forderung der Europäischen Kommission, dass dessen offizielle Bezeichnung in allen Ländern, in denen er eingeführt wird, Euro geschrieben werden muss, sofern die Landessprache nicht in einer anderen als der lateinischen Schrift wiedergegeben wird, hat zur Folge, dass dasselbe Wort zahlreichen Lautsystemen unterworfen wird, die auf sehr unterschiedliche Weise damit umgehen. Einen großen Block ähnlicher Lautungen bilden die Sprachen, in denen die Aussprache – mehr oder weniger exakt – [ˈɛu̯ro] lautet. Dazu zählen das Finnische, das Italienische, das Maltesische, das Polnische, das Rumänische, das Spanische, das Tschechische und das Ungarische. Ich unterschlage einige Besonderheiten wie die präzisen Vokalqualitäten, die sich nicht massiv unterscheiden, und die Artikulation der r-Laute, die vor allem als [r] und [ɾ] erscheinen. Erwähnt seien zwei Abweichungen in der Schreibung, nämlich im Maltesischen, wo der Buchstabe w den zweiten Teil des Diphthongs bildet, und im Ungarischen, wo das Wort wegen orthografischer und lautlicher Konventionen auf ó – und damit einen Langvokal – endet. Eine mögliche phonetische Divergenz zeigt sich im Portugiesischen, dessen Sprecher zwischen [ɔ] und dem erwartbaren [u], das auch im Katalanischen zu hören ist, als Auslaut schwanken. Eine zweite, kleinere Fraktion gestaltet sich in Schreibung und Lautung des Währungsnamens weniger homogen: Hier taucht als zweiter Laut das [v] auf. Zu dieser Gruppe gehören erstens zwei nicht-lateinische Schriften, zweitens schwankt die Betonung: Im Bulgarischen sowie Serbischen mit [ˈɛvro] – Евро geschrieben – und im Schwedischen mit [ˈɛvɹu] liegt sie auf der ersten Silbe, im Griechischen mit [e̞vˈɾo̞] (Schreibweise: Ευρώ) und Türkischen mit [avˈɾo̞] (Schreibweise: Avro) auf der zweiten und letzten Silbe. An dieser Stelle bereits lassen sich schwerlich weitere Aussprachevarianten zusammenfassen: Allenfalls das Französische – dort heißt es [øˈʀo] – und das Niederländische – dort spricht man vom [ˈøːɾöʊ̯] (danke, Steffie!) – scheinen trotz voneinander abweichender Betonung verwandt. Bleiben einige Sonderfälle wie das Deutsche, das den Digraph eu wie üblich interpretiert, sodass die Währung [ˈɔɪ̯ʁo] lautet, und das Englische, dessen Sprecher selten mit dem Euro bezahlen und diesen [ˈjʊəɹəʊ] sprechen. Für das Isländische hat sich zur Schreibung Evra die Aussprache [ˈɛvra] eingebürgert. Im Irischen koexistieren nach meinen Recherchen die Graphien Euro, über dessen Lautung ich nicht spekulieren möchte, und Eoró; die regelmäßige Aussprache der letztgenannten, selteneren Form ist [ˈoːɾoː]. Als Abschluss bietet sich wieder der Blick in den Osten an, so nach Russland, wo die Schreibweise dieselbe wie im Bulgarischen und Serbischen ist, die Aussprache jedoch [ˈjɛ̞vrə]. In China versucht man nicht, den Namen des Euro klanglich nachzuahmen, sondern setzt ihn aus den Zeichen für »Europa« und »Währung« zusammen: 欧元 (Pinyin: Ōu Yuán) lautet [˥˥ ou̯ ˧˥ yɛ̯n] auf Hochchinesisch. Im Japanischen hält man sich an die englische Lautung, schreibt ユーロ und spricht [jɯ̞̈ɯ̞̈ɺ̠o]. – Übrigens: Wie lautet der Euro in Dänemark und im Baltikum?



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